Eine neue Schlange aus Mexiko.

Geophis lorancai, die neue Art aus Mexiko.
Geo­phis loran­cai, die neue Art aus Mexi­ko. Foto: Miguel Ángel de la Tor­re Loran­ca. CC BY 4.0

Die Tat­sa­che, dass wir noch immer viel zu wenig über die Tier- und Pflan­zen­welt die­ses Pla­ne­ten wis­sen, wird ein wie­der­keh­ren­des The­ma die­ses Blogs sein. Immer wie­der wer­den bis­lang unbe­kann­te Arten ent­deckt. Meist sind das irgend­wel­che Insek­ten oder wir­bel­lo­se Mee­res­tie­re, aber viel häu­fi­ger als man denkt auch Wir­bel­tie­re, z. T. sogar recht auffällige.

Vor einer Woche erschien in der Zeit­schrift Zoo­keys die Beschrei­bung einer bis­her unbe­kann­ten, äus­serst attrak­tiv gefärb­ten Schlan­gen­art aus Mexi­ko. Auch die Natur­schutz-News-Web­site Mon­ga­bay berich­te­te dar­über.

Beim Stich­wort “Schlan­gen” den­ken vie­le Leu­te spon­tan nur an zwei Grup­pen die­ser Tie­re: die Gift­schlan­gen und die Rie­sen- oder Wür­ge­schlan­gen. Doch von den über 3.600 Schlan­gen­ar­ten auf der Welt sind nur knapp 20% so gif­tig, dass ihr Biss bei Men­schen gesund­heit­li­che Pro­ble­me (das schliesst den Tod lei­der mit ein) ver­ur­sa­chen könn­te. Und zu den eigent­li­chen Rie­sen­schlan­gen aus den Fami­li­en der Boas und Pythons gehö­ren gera­de ein­mal rund 100 Arten. Die über­wäl­ti­gen­de Mehr­heit aller Schlan­gen ist also – nach mensch­li­chen Maß­stä­ben – harm­los und damit für vie­le Men­schen unin­ter­es­sant. Das ist ziem­lich scha­de, denn über die aller­meis­ten die­ser Arten erfährt man des­halb lei­der kaum etwas. Dabei sind vie­le davon nicht nur äußerst far­ben­präch­tig, son­dern ver­fü­gen auch über spe­zi­el­le Anpas­sun­gen und eine hoch­in­ter­es­san­te Ökologie.

Eine die­ser recht unbe­kann­ten Ver­wandt­schafts­grup­pen aus der Fami­lie der Nat­tern (Colub­ridae) sind die Dipsa­di­nae. Mit mehr als 750 Ver­tre­tern ent­hält allein die­se Unter­fa­mi­lie mehr Arten als alle Gift­schlan­gen (Vipern, Gru­ben­ot­tern, Gift­nat­tern, See­schlan­gen) zusam­men. Den­noch fin­det man im Netz kaum Infor­ma­tio­nen über sie, die über eine simp­le Auf­lis­tung der bereits bekann­ten Arten hin­aus­ge­hen. Bekannt ist aller­dings, dass vie­le Arten sich auf die Ernäh­rung mit Gehäu­se­schne­cken spe­zia­li­siert haben und dem­entspre­chend im Deut­schen den Namen Schne­cken­nat­tern tra­gen, wäh­rend z.B. die Mus­surana (Cle­lia cle­lia) Jagd auf ande­re Schlan­gen (auch gif­ti­ge!) macht.

Zu die­ser Unter­fa­mi­lie gehört auch die neu­ent­deck­te Art aus Mexi­ko, die von den Erst­be­schrei­bern nach ihrem Samm­ler und Ent­de­cker Geo­phis loran­cai genannt wur­de, und die eine Län­ge von etwas über 30 cm erreicht. Die Gat­tung Geo­phis umfasst damit jetzt 50 Arten, die von Mexi­ko bis Kolum­bi­en ver­brei­tet sind. Ihre Ver­tre­ter sind über­wie­gend recht unschein­bar, gra­ben unter der Erde und ernäh­ren sich wohl meist von Regen­wür­mern. Dem­entspre­chend wer­den sie sel­ten gese­hen und man weiß nicht viel über sie. Das zeigt sich auch dar­an, dass ich im Netz nicht ein ein­zi­ges frei ver­füg­ba­res (unter Crea­ti­ve Com­mons) Foto einer Geo­phis-Art fin­den konn­te, mit Aus­nah­me des hier gezeig­ten Fotos der neu­en Art, das der Erst­be­schrei­bung ent­stammt. (Man kann Zoo­Keys nicht genug dafür loben, dass sie ihre Arti­kel nicht nur als Open Access, son­dern auch unter einer Crea­ti­ve Com­mons-Lizenz ver­öf­fent­li­chen; eine gute Idee, an der sich viel mehr Jour­na­le ein Vor­bild neh­men sollten!)

Vie­le Geo­phis-Arten haben eng begrenz­te Vor­kom­men und kom­men nur in bestimm­ten Vege­ta­ti­ons­ty­pen vor, was sie poten­ti­ell anfäl­lig für Gefähr­dun­gen macht. Geo­phis loran­cai ist bis­her nur aus zwei Gebirgs­zü­gen in den Bun­des­staa­ten Ver­a­cruz und Pue­bla bekannt. Dort bewohnt sie dicht mit Epi­phy­ten behan­ge­ne Nebel­wäl­der zwi­schen 1200 und 1700 m Höhe, hält sich aber aus­schließ­lich in der Laubstreu am Boden oder unter umge­stürz­ten Baum­stäm­men auf.

Von 46 Geo­phis-Arten, die bis­her von der IUCN bewer­tet wur­den, sind 21 als “Data Defi­ci­ent” ein­ge­stuft. Das, sowie die Tat­sa­che, dass Geo­phis loran­cai bereits die sieb­te Art der Gat­tung ist, die seit dem Jahr 2000 neu beschrie­ben wur­de, und die Erst­be­schrei­ber noch mit wei­te­ren Neu­ent­de­ckun­gen rech­nen, unter­streicht, wie wenig tat­säch­lich über das Leben auf die­sem Pla­ne­ten bekannt ist.

Lite­ra­tur:
Can­se­co-Már­quez L, Pavón-Váz­quez CJ, López-Luna MA, Nie­to-Mon­tes de Oca A (2016) A new spe­ci­es of earth sna­ke (Dipsadidae,Geophis) from Mexi­co. Zoo­Keys 610: 131–145. doi: 10.3897/zookeys.610.8605

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